Ein kommentierter Lebenslauf von Heinz Holder (1997)
Es begann in der ‘Pönt’ 1972. 16 Breitscheider Bürger markierten ein Ziel:
Mit Hilfe des Sports wollen sie menschliche Gemeinschaft organisieren, die Jugendlichen an Sport und Spiel heranführen, damit ihnen Begriffe wie Mannschaftsgeist und Fairness keine Fremdworte bleiben.
Der Sportverein wurde gegründet. Sein Name:
TuS Breitscheid 1972 e.V.
Seitdem hat dieser inzwischen 25jährige Verein -heute weder Veteran noch museumsreif- in seiner menschlichen Umgebung viel bewegt.
Motor des Anfangs und des Fortschritts war unbezweifelt der damals noch sehr wortkarge 1. Vorsitzende Fritz von Beesten, der das herrschende Wort der Dominikaner vermied, jedoch das flehentliche Werben der Franziskaner zur Durchsetzung seiner Ziele mehr als erfolgreich einsetzte. Ihm zur Seite stand im sten Fleiß sein sportlicher Zuschläger Heinz-Werner Stachelhaus.
Es war das unbestrittene Verdienst des Vorstandes der ersten Stunde, Belastwillige aus den eigenen Reihen zu finden, die dann zu Übungsleitern oder Organisatoren für die Fachabteilungen geschneidert wurden. Die Hierarchie des Vereins nahm seinen Gang.
Zu dieser Zeitr hatte die Euphorie kaum Grenzen. Die Ziele für anzusiedelnde Sportarten wurden weit gespannt, von Skifahren bis Segelfliegen, von Boxen bis Radfahren. Ein Leichtathletik- und Fußballstadion sollte es schon sein.Irgendwo keimt dann doch die Ernüchterung und brachte die Visionäre dann doch auf den Boden des Machbaren.
Einer wirkte im Geheimen. Der Kassenwart legte Mark für Mark in einen Breitscheider Juliusturm. Sein pragmatisches Ziel war ein Vereinsheim, das den Mitgliedern noch mehr Gemeinschaft vermitteln sollte. Daß diese gute Absicht später ein handfester Zankapfel werden sollte, davon war damals jener moderate, norddeutsch-sympatische Erich Stender meilenweit entfernt.
Die Maiwanderungen, ob zur Turteltaube (Lokal inzwischen geschlossen) oder in der Spee’schen Scheune auf alten Kirchenbänken oder später im Fest-Zelt vor den Tennisplätzen endeten, allen hatten immer einen fröhlichen Schlußstand.
Die Einweihung des Bolzplatzes mit der Betreuung durch den TuS lehrte dem 1. Vorsitzenden Termintreue -er wollte die Unternehmung abbrechen- auch bei schlechtem Wetter zu pflegen. Die Veranstaltung zeigte aber auch die Grenzen einer ad-hoc-Organisation. Dies aus der Sicht des Verfassers, der als Libero für Entsorgung fungierte.
Aus einem deftigen Umsatz von Bier, Schnaps und gegrillten Fleischwaren ergab sich ein solider Habenbetrag in der abschließenden Bilanz. Daraus entstand eine Beschallungsanlage, kurz: Vereinsdisco. Unter Betreuung von Burkhard Holder füllte sie nach Ankündigung im WDR die alljährlichen Maizelte mit heißem Rock und Jugendlichen aus allen Himmelsrichtungen. So wie sie auch auf manch anderem festlichen Podium Phon und Tanztakt an Mann und Frau gebracht hat.
Der jährlich sportreiche Dreikampf der Jugendlichen unter Führung von Michael Kusicke und Bodo Reinicke hatte nicht nur sportlichen Spaß und Kuchen für die Kleinen, aber auch reichlich Getränke für die riegenführenden Erwachsenen, die Maßbandroller, Sprunggrubenpfleger und Stoppuhrenhalter.
Jedesmal im November und Februar war Termin: Das Vereinsfest und die Mitgliederversammlung. Ort des Kennenlernens mit immer mehr aufwogender Fröhlichkeit. Mit dem Fußballprofessor Dettmar Cramer, damals Trainer des FC Bayern, der im Krummenweg nächtigte, aber auch mit dem immer wiederholten Versprecher des 1. Vorsitzenden. Er eröffnete -da kam der Richter durch- jedesmal die Hauptverhandlung, niemals die Hauptversammlung.
Auch konnte der TuS mit dem Rheinischen Frohsinn umgehen. Die Tennisabteilung stellte für die Organisation der Kostümbälle im Krummenweg oder im Roten Turm einen Fast-Profi im karnevalistischem Umfeld. Eben jenen Vinzenz Mathey, dem Perfektion wohl schon mit der Mutterbrust infiltriert wurde. Seine Mottowahl -z.B. ‘Zirkus Breitscheid’- nahm vielleicht teilweise Bezug zum damaligen Vereinsgeschehen. Als Glanzlichter und Höhepunkte des gesellschaftlichen Miteinanders gehören sie jedenfalls in die jederzeit abrufbare Erinnerungskiste.
Viele andere Ereignisse in Sachen Gemeinschaft haben stattgefunden. Wenn sie nicht beschrieben sind, bedeutet das keinesfalls eine Unterbewertung.
Jedoch, eine mehrfach wiederkehrende Veranstaltung in den Anfängen des TuS kann nicht unerwähnt bleiben: Die Zeltlager mit Kind und Kegel in Cölbe. Im Heimatort Bärbel von Beestens versuchte der 1. Vorsitzende die TUSSIS in Zelteskälte zu stählen, ihnen Lagerfeuerromantik zu vermitteln und die Angst vor dem Wasser durch Bootsfahrten auf der Lahn zu nehmen. Letztere Absicht hat -viele kennen es- durch ein modernes Pendant als Kanadierfahrt auf der Ruhr eine Wiederbelebung erfahren.
Ein Großereignis in Sachen Gemeinsinn war der Bau der ersten 5 Tennisplätze mit einem provisorischen Vereinsheim. Eine riesige Pelzmütze mit einem darunter befindlichen Fritz von Beesten tat im November 1976 den ersten Spatenstich. Bei den nachfolgenden Tätigkeiten ist das Wort Solidarität richtig plaziert. Tennis als ‘feiner Pinkelsport’ hatte in Breitscheid keinen Stellenwert. Durch Arbeitseinsatz und handwerkliches Zupacken sollte den Mitgliedern die Wertstellung ihrer Sportanlage bewußt gemacht werden. In mehreren tausend Arbeitsstunden der TuS-Mitglieder -abteilungsübergreifend- wurde die Anlage, teilweise unter schwierigen Wetterbedingungen, im Frühjahr 1977 spielbereit gemacht. Fremdleistungen waren nur die Zwischenwege und der Tennenbeleg der Plätze. Der so gestaltete Erfolg barg Zweierlei: geringere Kosten und problemlose Integration der Neumitglieder. Das Festzelt konnte gebaut, der Festochse gebraten werden.
Wenn nicht 5 Jahre später das Vereinswetter sich eingetrübt hätte. Grund dafür war ein gemeinsam verabschiedeter und genehmigter Bauantrag für Vereinsheim und Tennishalle. Die Bausumme von 1,4 Mio. DM schreckte auf und führte zur Meinungsvielfalt. Schließlich kämpften zwei Varianten gegeneinander: die ‘kleine’ Lösung – Vereinsheim ohne Tennishalle – oder die ‘große’ Lösung – ausbaufähiges Vereinsheim mit Tennishalle, die von der Tennisabteilung präferiert wurde. Kernpunkte des Streits waren Finanzierungsmodelle und die Folgekosten der geplanten Baumaßnahme.
Die Verantwortung und Kompetenz für die Baumaßnahme zu gewinnen, beantragte die Tennisabteilung die rechtliche Selbständigkeit unter dem Dach des TuS. Der Antrag wurde auf der Mitgliederversammlung im Februar 1982 mit knapper Mehrheit abgelehnt. Vorstände traten an und zurück. Die ‘kleine’ Lösung, das jetzige Vereinsheim, wurde 1984 eingeweiht.
Schließlich führten schwergewichtig die jährlichen Kosten des Heims (aktuell DM 81.300,00 in 1997), die dem Vereinshaushalt nicht mehr zumutbar waren, und die schwierige Verwaltungsorganisation, doch zur Selbständigkeit der Tennisabteilung. Dementsprechend wurde der Verein als
TuS Breitscheid 72/89 e.V.
neugegründet. Die Durchführung dieser zum damaligen Zeitpunkt notwendigen Umorganisation ist das Verdienst von Rüdiger Kurzke -damals 1. Vorsitzender- und seinem Stellvertreter Dieter Schweighofer. Mit menschlicher Umsicht und moderatem Handeln führten sie den Verein auf einen neuen Weg. Der TuS Breitscheid Tennis e.V. trat danach mit neuen Zielen an. Die inzwischen gebaute Tennishalle entlastet durch ihren Überschuß die Kostensituation des Vereinsheims deutlich.
In jenen Tagen der Meinungskämpfe -so der Blick zurück- fehlte vielleicht Friedrich, der Alte von Potsdam, der mit der Maxime, ‘jeder möge nach sein Facon seelig werden’, die Streiter in der Sache vor manchem Frust bewahrt hätte.
Heute ist die ‘Gaststätte TuS Breitscheid’ -sie ist für jedermann zugänglich- insbesondere Treffpunkt und Durstlöscher nach dem Sport. Man sieht die ehemaligen Meinungsgegner bei Pils und Alt, aber auch inzwischen die Neubürger von jenseits des Mintarder Wegs.